Die Ausstellung Kaminski und seine Freunde verwandelt die ehemalige Liebfrauenkirche in Duisburg – einen brutalistischen Sakralbau mitten in der Stadt – in einen offenen Resonanzraum.
23 Künstler:innen zeigen Malerei, Skulptur, Performance und Sound.
Aber nicht nebeneinander. Nicht additiv.
Die Arbeiten greifen ineinander. Reiben sich. Reagieren.
Einzelpositionen, ja – aber keine Einzelgänger.
Im Zentrum steht kein Statement.
Im Zentrum steht eine Spannung. Ein Impuls. Etwas, das übergeht.
“Let’s face it. We’re undone by each other. And if we’re not, we’re missing something.”
– Judith Butler, Precarious Life
Wir sind keine geschlossenen Systeme.
Wir sind gemacht aus Begegnung, Konflikt, Abhängigkeit.
Aus Beziehungen – gewollten und ungefragten.
Identität ist nichts Festes. Sie ist das, was passiert, wenn man sich aussetzt.
Freundschaft, sagt Butler, ist nicht bloß nett.
Sie ist existenziell.
“In der Kunst kann man den Wahnsinn teilen, man kann sich vergewissern und befreien – wie unter guten Freunden.”
– Stefan Kaminski
Diese Ausstellung ist keine Idylle.
Sie zeigt Brüche, Risse, Narben – sichtbar gemacht, nicht verdeckt.
Was hier zusammenkommt, ist nicht heil, sondern offen.
Alex Tennigkeit
Geboren 1976 in Heilbronn, lebt in Berlin. Ihre Malerei verbindet klassische Vorbilder mit gesellschaftspolitischen Themen und feministischer Perspektive. Theatralik, Symbolik und Überzeichnung prägen ihre Bildsprache, die häufig zwischen Allegorie und Ironie oszilliert. In ihren Arbeiten verschmelzen Körperbilder, kulturelle Mythen und emotionale Radikalität zu komplexen malerischen Szenarien.
www.alextennigkeit.com
Andrew Gilbert
Geboren 1980 in Edinburgh, lebt in Berlin. Seine Arbeiten sind eine groteske Überzeichnung kolonialer Narrative – mit opulenter Symbolik, satirischem Gestus und geschichtspolitischer Tiefenschärfe. Andrew erschafft fiktive Imperien und Herrscherbilder, die an postkoloniale Kritik ebenso erinnern wie an Popkultur. Seine Werke changieren zwischen Malerei, Installation und skulpturalem Tableau.
Instagram: @holybrocoli
Ben Cottrell
Geboren 1972 in Cornwall, lebt in Berlin. In seinen malerischen und installativen Arbeiten dominieren atmosphärisch dichte Räume, die psychologische Topografien kartieren. Seine Formen sind fluide, seine Farbwelten suggestiv. In einer neueren Werkgruppe greift Cottrell das mittelalterliche Motiv des „Wound Man“ auf – eine ikonografische Figur, durchbohrt, zerschnitten, doch aufrecht stehend. Diese verletzliche, zugleich widerständige Körperform wird bei ihm zum Sinnbild seelischer und gesellschaftlicher Zersetzung – und einer nicht auflösbaren inneren Spannung, die seinen Bildern eingeschrieben bleibt.
Instagram: @bencottrellstudio
Catherine Lorent
Geboren 1977 in Luxemburg, lebt in Berlin. Mit einem Hintergrund in Kunstgeschichte und bildender Kunst bewegt sich Catherine zwischen Musik, Installation und barockem Spektakel. Ihre Arbeiten sind opulent und zugleich dekonstruktiv – sie inszenieren Macht, Gender und Geschichte als vielstimmige Repertoires im Zustand der Rebellion.
Instagram: @studiocatherinelorent
Dome Wood
Geboren 1974 in Melbourne, lebt in Berlin und Brüssel. Seine künstlerische Praxis verbindet spekulative Philosophie mit skulpturaler Inszenierung, oft in religiös anmutenden Installationen. Mit seinem „Fourth Space Meditation Centre“ schafft er Räume zwischen Ritual, Transformation und ästhetischer Aufladung. Seine Arbeiten sind symbolisch dicht, atmosphärisch und spirituell konnotiert.
Instagram: @dome.wood
Fee Kuerten
Geboren in Deutschland, lebt in Berlin. Als Malerin und Musikproduzentin arbeitet Fee Kuerten an der Schnittstelle von Malerei, Sound und Performance – mal als direkte Geste, mal als Reflexion über das Medium selbst. Parallel dazu bewegt sich ihr Alter Ego TEll A ViSiON im Spannungsfeld von Post-Pop, Performance und Komposition. Stimme, Sound und visuelle Elemente wirken wie immersive Klangräume, in denen Subjektivität und Sound zu einem vielschichtigen künstlerischen Kosmos verschmelzen. Ob auf Leinwand oder Bühne: In ihren Arbeiten begegnen sich das Persönliche, das Prozesshafte und eben: Pop.
Instagram: @tellavision_official
Franziska Hufnagel
Geboren in Berlin, lebt und arbeitet in Berlin.
Ihre Malerei begegnet einem oft als Fülle unterschiedlich farbstarker
Binnenmuster oder als Schriftbild, ohne dass deren koloristische und gestische Interaktion sich verfestigte. Neben den kleinen, direkten Bildern finden sich die großformatigen Bilder in einem
Prozess, der im Moment, im Zeitraum der Betrachtung, nicht zur Ruhe kommt, sondern die Betrachtenden immer weiter nach Bezugspunkten und affirmativen Verhältnissen Ausschau halten, unkontrolliert und unendlich zwischen summarischer und detailorientierter Wahrnehmung schwanken lässt.
Instagram: @franziska_hufnagel
Gabriel Vormstein
Geboren 1974 in Konstanz, lebt in Berlin. Seine zeichnerischen Malereien entstehen häufig auf Zeitungspapier und reflektieren Zeitlichkeit sowie Materialität. Kunsthistorische Referenzen verbinden sich mit zeitgenössischen Bildstrategien. Vormsteins der Arte Povera entlehnte Material-Ästhetik verbindet sich mit generischer Media-Ästhetik, dies im Kanon der medialen und auch der natürlichen Vergänglichkeit.
Instagram: @gbrlvrmstn
Joe Neave
Geboren 1974 in East Yorkshire, lebt in Berlin. Joe arbeitet mit absurden, humorvollen Bildwelten, die den Geist der Psychoanalyse atmen und eine absurde psychologische Dringlichkeit transportieren, Eros und Narciss Hand in Hand.
John Davies
Geboren 1946 in Cheshire, lebt in London und Kent. Er gehört zu den prägenden figurativen Bildhauern Großbritanniens. Seine skulpturalen Arbeiten kreisen um menschliche Präsenz, Erinnerung und psychologische Tiefe. Oft sind seine Figuren reduziert, verletzlich und zugleich von großer existenzieller Kraft.
Jürgen Großmann
Geboren 1968 in Essen, lebt in Deutschland und China. Ein bergsteigender Flaneur mit Mittelformatkamera, der in seinen Fotografien, eine poetische Zeitreise durch das Berlin der nuller Jahre vollzieht. Diese Bilder aus privatem Besitz werden zum ersten Mal öffentlich gezeigt.
Mariola Groener
Geboren 1968 in Zabrze (Polen), lebt in Berlin. Ihre interdisziplinäre Praxis verbindet Fotografie, Skulptur, Performance und Choreografie. Als Mitbegründerin des Duos Wilhelm Groener denkt sie Bewegung, Körper und Raum neu – zwischen Tanz, Bild und Sprache. Ihre Arbeiten sind oft vielschichtig, poetisch und reflexiv.
Matthias Dornfeld
Geboren 1960 in Esslingen, lebt in Berlin und Brüssel. Dornfelds Malerei ist figurativ, direkt und radikal reduziert. Die große Präsenz seiner Motivwahl ergibt sich aus einem modernen Primitivismus, einer Art Anti-Malerei (No-art), die aber in Wahrheit extrem malerisch ist, gerade durch die forcierte Reduktion. Dornfeld gehört zu den stilbildenden Malern der Nullerjahe in Berlin und wird international durch Galerien vertreten.
Instagram: @fraudornfeld
Matthias Hesselbacher
Geboren 1978 in Stuttgart, lebt in Berlin und Prag. Seine Werke verbinden Malerei, Objekt und raumbezogene Strategien, sowie experimentelle Musik. Visuelle Fragmentierung, strukturelle Spannung und urbane Zeichenhaftigkeit kennzeichnen seine radikale und psychogen, aufgekratzte Bildsprache.
Melissa Steckbauer
Geboren 1980 in den USA, lebt in Maine. Melissa Steckbauer verbindet performative und bildnerische Prozesse. In ihren Arbeiten thematisiert sie Körper, Nähe und Intimität – als soziale, politische und sinnliche Erfahrung. Sie arbeitet an der Schnittstelle von Malerei, Fotografie, Installation und Ritual. Ihre Bildsprache ist zugleich körperlich und konzeptuell verdichtet, geprägt von queer-feministischen Perspektiven und von einer starken emotionalen Direktheit. Ihre Werke öffnen Räume für Resonanz, Verletzlichkeit und neue Formen von Gemeinschaft.
Instagram: @msteckbauer
Michelle Alperin
Geboren in Los Angeles (B.A. Fine Art, UCLA 1994; M.F.A. Fine Art, Art Center College of Design 2001), lebt und arbeitet in Berlin. Sie war Stipendiatin am Künstlerhaus Bethanien und erhielt 2003 ein DAAD-Stipendium – seitdem lebt sie in Berlin.
In ihrer filmischen und bildhaften Praxis – Kurzfilme, Video-Installationen, Animationen und Fotografie – untersucht Alperin die Sprache des Kinos: Subjektivität, nonverbale Kommunikation und filmische Narrationen. Obwohl sie weiterhin fotografiert, steht bei ihr das bewegte Bild im Zentrum. Alperin lehrt seit 2017 Videokunst in der Grundlehre an der UdK Berlin und entwickelt leise, poetische Erzählräume, in denen Körper, Blick und Schweigen aufeinandertreffen.
Instagram: @michelle_alperin
Nadine Deja
Geboren 1977 in Wolfenbüttel, lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Malerei kombiniert Geste und subtile Symbolik beides oszilliert zwischen Entstehen und Vergehen. Themen wie Körper, Verletzlichkeit und Erinnerung durchziehen ihre ins Expressive drängenden Bildräume.
Instagram: @nadine__deja
Sebastian Hammwöhner
Geboren 1974 in Frechen, lebt in Berlin. Seine Malerei changiert zwischen Abstraktion, Figuration und atmosphärischer Verdichtung. In seinen zum Teil konzeptuell-analytischen Werkgruppen geht es um wahrnehmungsbezogene formal-logische Operationen. Das Terrain der Ästhetik wird vermessen, verschiedene visuelle Strategien führen an die Grenzen der Kunst, als auch umgekehrt wieder ins fast klassisch Malerische. Seine Bildräume sind durchlässig, vielschichtig, oft von Traumlogik durchzogen.
Stefan Kaminski
Geboren 1969 in Duisburg, lebt in Berlin. Seine künstlerische Praxis verbindet Malerei und Collage mit einer stark metaphorischen und visuell fragmentierten Bildsprache. Seine Werke sind von analytischer Tiefe geprägt – sie thematisieren unter anderem das Aufbrechen von Verdrängtem, die Wiederkehr des Verworfenen, sowie psychosoziale Symboliken eines Unbehagens in unserer Kultur.
Tania Elstermeyer
Geboren 1985 in Deutschland, lebt in Berlin. Tania Elstermeyer arbeitet an der Schnittstelle von Performance, Musik, Theater und Bildender Kunst. Ihre künstlerische Sprache ist reduziert und zugleich hochkomplex – sie setzt Stimme, Text und Klang als Material ein, um atmosphärische wie politische Räume zu erzeugen. Ihre Arbeiten entstehen oft situativ und operieren mit Fragilität, Stille und Resonanz. Als Dozentin, Musikerin und Antisemitismusbeauftragte verbindet sie künstlerische Forschung mit gesellschaftlicher Verantwortung. Ihre Performances thematisieren Körper, Macht und Sprache – in einem Spannungsfeld zwischen Intimität und Öffentlichkeit.
Tom Biber
Geboren 1966 in Ingolstadt, lebt in Berlin. Tom Biber ist Maler, Kurator und Sammler mit einem ausgeprägt subkulturellen Hintergrund. Seine Bilder sind expressiv, roh und stark autobiografisch geprägt – geprägt von Außenseitererfahrung, Gewalt und einer widerständigen Lebenshaltung. Er arbeitet mit figurativen Motiven, die sich gegen glatte Oberflächen behaupten, und stellt Fragen nach Männlichkeit, Schmerz und Erinnerung. Als Ausstellungsmacher bringt er künstlerische Gegenpositionen in institutionelle Räume. Sein Werk versteht sich als Chronik des Abweichenden – politisch, direkt und voller Brüche.
Vichy Boxer
Geboren in Kuba, lebt in Berlin. Der Künstler und Boxtrainer hat eine unverwechselbare Praxis entwickelt: Er malt mit Boxhandschuhen in einer körperlich-performativen Technik, bei der Kraft, Rhythmus und Spontaneität zum Ausdrucksträger werden. Seine Werke sind direkt, gestisch und voller Energie – sie changieren zwischen bildnerischem Impuls und physischem Ereignis. Zwischen Disziplin und Kontrollverlust verhandelt seine Malerei auch Fragen nach Männlichkeit, Ausdruck und Widerstand. Die Leinwand wird bei ihm zur Arena – für Bewegung, Emotion und künstlerischen Ernst.
Wilhelm Groener
Gegründet 2001 in Berlin von Günther Wilhelm und Mariola Groener. Das Duo entwickelt interdisziplinäre Arbeiten an der Schnittstelle von Tanz, Performance, Installation und Bildender Kunst. In ihren Projekten untersuchen sie den Körper als Denkraum – zwischen Bewegung, Erinnerung und Transformation. Ihre Performances sind vielschichtige Choreografien, die Intuition und Struktur, Sprache und Stille, Konzept und Zufall miteinander verweben. Das Alter Ego „Wilhelm Groener“ fungiert als poetisch-experimenteller Dritter Raum, in dem das Künstlerpaar künstlerische und persönliche Perspektiven verbindet.